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Sebastian Eisenbürger

10 Aug, 2015
Product Information Management (PIM) – Teil 4 der Serie „Automatisiertes 1:1 Marketing im Handel“

Mit Teil 4 der Artikelserie „Personalisiertes Marketing im Handel“ verlassen wir den Grundlagenteil und starten mit den „Advanced“-Themen. Dabei wird es etwas technischer – doch keine Angst an alle Marketer und weniger IT-Affinen – ich werde mich so ausdrücken, das mich jeder versteht. Ich stehe zudem gern über die Kommentare für weitere Erklärungen zur Verfügung.

In der Serie „Personalisiertes Marketing im Handel“ veröffentliche ich wöchentlich über einen Zeitraum von ca. einem halben Jahr mein komplettes Wissen zu diesem Thema. Ich möchte damit die im deutschsprachigen Raum umfassendste kostenlose Wissensquelle zu personalisiertem Marketing und Marketing Automation zur Verfügung zu stellen.

Bereits erschienen sind:

  1. Personalisiertes Marketing im Handel – Teil 1: Produkte
  2. Personalisiertes Marketing im Handel – Teil 2: Kunden
  3. 1:1 Email Marketing – Teil 3 der Serie Personalisiertes Marketing im Handel

Die Artikel bauen inhaltlich aufeinander auf. Starten Sie deshalb mit Teil 1.

Um so viel wie möglich über das Thema 1:1 Marketing Automation zu lernen, melden Sie sich direkt zu meinem kostenlosen Email Tutorial an. Damit erhalten Sie wöchentlich eine Email mit allen hier veröffentlichten Inhalten, sowie Aufgabenstellungen, anhand derer Sie die Inhalte gleich in die Tat umsetzen können.

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Der Begriff „Product Information Management“ oder „PIM“

Produktinformationen befinden sich in einem Unternehmen oft nicht zentral gebündelt, sondern verstreut auf viele Mitarbeiter und Abteilungen.

Beispielsweise können Produktinformationen in der Entwicklungsabteilung, im ERP-System, bei Produktmanagern oder im Vertrieb vorliegen.

Die Kernidee des PIMs ist es, sämtliche kommerzielle und technische Produktinformationen, die für den Einsatz in verschiedenen Ausgabemedien (Publikationskanälen) bestimmt sind, zentral zu verwalten. […] Medienneutralität der Daten ist ein wichtiger Faktor. Hierbei werden Anforderungen zur effizienten Datenübernahme, Datenverwaltung, Datenanreicherung und Datenausgabe gestellt.
Dirnhofer, M. (2009)

Lucas-Nülle, Berater für Produktdaten, beschreibt Rationalisierungs- und Optimierungspotentiale sowie Marktvorteile hinsichtlich der Markteinführung von Produkten, die sich durch den Einsatz eines Product Information Management Systems ergeben.

Spiegelberg sieht das PIM-System als integrierte Technologie und Datenbanksystem des „Enterprise Marketing Managements“ für das Übernehmen, Verwalten und Anreichern von erweiterten Produktinformationen mit speziellen marketingrelevanten Informationen rund um das Produkt; über Stammdaten, technische Informationen oder dynamische Daten in mehreren Sprachen.

Um ein vollständiges und möglichst objektives Bild zu zeichnen, lasse ich an dieser Stelle einige Kollegen zu Wort kommen, die sich in der Literatur zum Thema PIM geäußert haben:

Ohne PIM und MAM mit ihren granularen und in Multisprachen vorliegenden Datenbeständen und zugehörigen Produktbeziehungen wäre für viele der heute agierenden großen Multi-Channel-Unternehmen ein finanzierbares und beherrschbares Marketing kaum noch möglich. […] Die vernetzte Einführung dieser Infrastruktur stellt die zentrale Herausforderung für Unternehmen der nächsten Jahre dar, ähnlich wie dies vor 20 Jahren die Einführung von ERP-Systemen war, als das Supply-Chain-Management (SCM) geboren wurde.
Lucas-Nülle, T. (2013)

Dank PIM können sämtliche einkaufs-, produktions- und kommunikationsrelevanten Daten zeit- und kostensparend verwaltet werden.
Lucas-Nülle, T. (2005)

Lucas-Nülle stellt gar die These auf, in den nächsten Jahren könne kein Unternehmen ohne PIM-System im Kommunikationswettbewerb der Unternehmen bestehen.

Bei einem PIM-System handelt es sich um ein IT-System, das alle ausgabekanalspezifischen Produktdaten zentral und medienneutral speichert und eine Verwaltungsoberfläche zur Datenübernahme, Datenverwaltung, Datenanreicherung und Datenausgabe zur Verfügung stellt.

Die Notwendigkeit von PIM

Eine Integration von beispielsweise dem Medium Internet in das Medium Print findet auf Datenebene nur in seltenen Fällen statt. Gerade dabei bietet PIM enorme Rationalisierungs- und Optimierungspotenziale. In vielen Branchen geht es um Geschwindigkeit – wer zuerst über ein Produkt berichtet und dieses anbieten kann, macht das Geschäft.

[…] nicht das beste Produkt entscheidet über Erfolg oder Misserfolg, sondern die beste Platzierung des Produktes am Markt. […] Es wird […] immer wichtiger, über effiziente Methoden der Produktkommunikation zu verfügen, um schnell, aktuell und zielgruppenorientiert entwickeln und vermarkten zu können.
Lucas-Nülle, T. in Value-Magazin (2007)

In der „ISCM Marktstudie 2011“ untersucht Lucas-Nülle die Bedeutung von Produktinformation in Unternehmen. Die folgende Abbildung lässt erkennen, dass die Anzahl der Produkte im Verkaufssortiment stark zugenommen hat.

Umfang des bestellbaren Verkaufssortiments 2007 und 2011
Umfang des bestellbaren Verkaufssortiments 2007 und 2011

Während 2007 noch 30 % der 126 untersuchten Unternehmen weniger als 500 Produkte zum Verkauf anboten, sind es 2011 nur noch 7,69 %.

2007 waren mehr als 100.000 Produkte in 10,2 % der Fälle vertretbar, 2011 bereits 31,98 %, wovon knapp ein Drittel über eine Million Produkte im Verkaufssortiment führt.

Weitere untersuchte Größen sprechen für eine Zunahme der Komplexität in Produktinformationen, z.B. nahm die internationale Ausrichtung 2011 im Vergleich zu 2007 zu. Gleichzeitig kam es zu einer Zunahme der angebotenen und zu verwaltenden Sprachen.

2007 boten 6,2 % der 119 befragten Unternehmen mehr als 10 Sprachen an, 2011 waren es 13,14 %.

Auch die Kanäle, auf denen Produkte vertrieben werden, haben sich verändert. 2011 waren die am meisten eingesetzten Kanäle digital – Online-Katalog, Online-Shop, Marktplätze/Portale, 2007 lagen Broschüren weit vorne.

Sie sehen, PIM-Systeme nehmen stark zu. Die besagten Daten sind bereits einige Jahre alt und die Situation dürfte sich dem Trend entsprechend entwickelt haben. In großen Unternehmen gehören PIM-Systeme bereits zum Standard, in mittelgroßen Unternehmen halten Sie gerade Einzug und auch in kleineren Unternehmen wird es nicht mehr lange dauern, bis ein PIM-System notwendig ist, um weiterhin wettbewerbsfähig sein zu können.

Meine Faustregel lautet: Jedes Unternehmen, das mehr Produkte anbietet, als dass sie ein Mitarbeiter aus dem Kopf nennen könnte, benötigt auch heute schon ein PIM-System. Streng genommen existieren in all diesen Unternehmen bereits Systeme, die zum „PIM-System“ missbraucht werden. Ganz vorn mit dabei sind Excel und Access.

Datensegmente

„Datensegmente“ nennt man die Informationen, die im PIM-System abgelegt und gepflegt werden können. Der Begriff „Segment“ deswegen, da es sich immer um Gruppen zusammengehöriger Eigenschaften handelt.

Die erforderlichen Produktinformationen sollen vollständig, aktuell und qualitätssicher sein und müssen von den verschiedenen Stellen zusammengeführt werden. Dies kann ein zeitaufwändiger und kostenintensiver Prozess sein.
Wackernagel, A. (2008)

Folgende Datensegmente werden im PIM-System behandelt:

  • Stammdaten
    (Artikelnummer, Bezeichnung, Preis)
  • Hersteller
    (Bestellnummer, Herstellernummer, Einkaufspreis)
  • Merkmale
    (Abmessungen, Material, Farbe)
  • Klassifizierung
    (EAN, eCl@ss, ETIN)
  • Marketing
    (Beschreibungstexte, Sprachversionen)
  • Beziehungen
    (Zubehör, Ersatzteil, Set)
  • Assets
    (Bilder, Zeichnungen, Dokumentationen)

Bei diesen Angaben handelt es sich um eine Minimalangabe. Alle mir bekannten PIM-Systeme bieten deutlich mehr Möglichkeiten.
Zu den Datensegmente, vor allem zu den Klassifizierungssysteme erhalten Sie in einem der kommenden Artikel nähere Informationen.

Aktueller Einsatz vom PIM-Systemen

Heutzutage scheuen mehr als die Hälfte aller begonnenen Projekte in der Produktkommunikation den ganzheitlichen Ansatz, verschenken Potenzial und gehen durch diese Vorgehensweise ein Risiko für das Unternehmen ein. Bislang genügte es schlichtweg, Kataloge und Werbung massenhaft zu verteilen.

Durch den Einsatz eines PIM-Systems entsteht eine ganz neue Qualität der Produktkommunikation mit dem Kunden.

Olympus Imaging Europa GmbH

Heino Hilbig, General Manager Strategic Marketing bei Olympus Imaging Europa GmbH sagt, aufgrund immer schneller und größer werdender Märkte, immer komplexeren Angeboten und Produkten sowie interaktiver Kommunikation seien neue Wege zum Handel und zum Verbraucher erforderlich. Um in immer kürzerer Zeit immer mehr Information zu schaffen, zu verwalten und zu transportieren sei eine integrierte Produktkommunikation unerlässlich.

HELLA KGaA Hueck & Co

Rainer Holthaus, Leiter Internationale Produktkommunikation des Automobilzulieferers HELLA KGaA Hueck & Co konnte die Produktinformation in seinem Unternehmen durch den Einsatz international vernetzter PIM-Systeme deutlich verbessern.

KAISER+KRAFT Europa GmbH

Die KAISER+KRAFT Europa GmbH setzt seit 2007 das PIM-System der Stibo Catalog GmbH ein und konnte den Aufwand zur Einstellung eines Artikels ins Internet von 29 Minuten pro Jahr auf 1 Minute reduzieren, den Aufwand zur Pflege eines Artikels pro Jahr von 112 auf 0 Minuten. Es werden rund 8.500 Artikel im Internet angeboten. Durch den Einsatz eines PIM-Systems konnten somit 140 Minuten pro Artikel, insgesamt 2.479 Personentage (á 8 Stunden) eingespart werden. Die gewaltige Einsparung kommt dadurch zustande, dass die KAISER+KRAFT Europa GmbH bislang eine zum ERP-System redundante manuelle Artikelpflege betrieben hatte und nun Artikeldaten zentral im PIM-System verwaltet und von dort aus ausleitet, u.a. ins Internet.

Der Bedarf steigt stetig

Lucas-Nülle untersuchte 2005 den Einsatz von PIM-Systemen. Er befragte Unternehmen mit PIM-System im Einsatz sowie Hersteller von PIM-Systemen. Ende 2004 ermittelte er 850 Installationen von PIM-Standard-Software in Deutschland und errechnete daraus ein Potenzial von 17.850 Unternehmen, die in den nächsten Jahren mit hoher Wahrscheinlichkeit eine PIM-Lösung benötigen werden. Die durchschnittliche Sortimentsgröße unterscheidet sich 2005 mit 8.625 Artikeln bei Unternehmen ohne PIM-System von Unternehmen mit PIM-System mit 24.620 Artikeln. Hieraus ermittelt Lucas-Nülle einen jährlichen Zeitaufwand zur Produktdatenpflege von 161 Minuten pro Produkt bei Unternehmen ohne PIM-System und einem Aufwand von 33 Minuten bei Unternehmen mit PIM-System.

2007 wiederholte Lucas-Nülle die Marktstudie und stellte fest, dass der Versandhandel im Vergleich deutlich stärker vertreten war als 2005. In diesem Jahr war PIM eher in der Industrie, dem Großhandel und dem allgemeinen Handel ein Thema gewesen. Das Diagramm zeigt, wie im Groß- und Versandhandel Produktdaten im Webkatalog oder Online-Shop gepflegt werden.

Pflege des Webkatalogs / Online-Shops im Groß- und Versandhandel
Pflege des Webkatalogs / Online-Shops im Groß- und Versandhandel

Nach Einschätzung der Handelsunternehmen erwarten 39,4 % der Kunden im Jahr 2007 einen elektronischen Katalog. Für 2010 wurde die Erwartung mit 59,5 % geschätzt.

Schon im Vergleich zu 2005 ist das Thema Produktkommunikation 2007 stärker in den Fokus gerückt. 2011 gab es eine weitere Untersuchung. Dort zeigte sich eine steigende Anzahl der angebotenen Produkte in Unternehmen, eine Zunahme der Komplexität der Daten und eine Umverteilung in der Bedeutung von Kanälen.

PIM im 1:1 Marketing

Wie in den vorhergehenden Artikeln dargelegt, spielen Produkte und Produktdaten im 1:1 Marketing in der Handelsbranche eine große Rolle. Um Kunden individuelle Emails (oder Briefe) mit relevanten, interessanten und nützlichen Inhalten zusenden zu können, müssen gewisse Voraussetzungen erfüllt sein.

Eine Voraussetzung ist die strukturierte Datenhaltung und -pflege. Um Daten strukturiert halten und pflegen zu können, ist ein PIM-System zwingend notwendig.

Eine Software zur Kampagnen-Steuerung ist in der Lage, Produktdaten aus dem PIM-System zu laden, um diese kundenindividuell zu verwenden.

Hier einige Beispiele für Produktdaten, die im 1:1 Marketing verwendet werden könnten:

  • Angebot von Zubehör-, Upselling- oder Crossselling-Produkten, abhängig vom Kundensortiment
  • Angebot von verwandten Produkten aus dem bevorzugten Preissegment des Kunden
  • Angebot von Produkten, die andere Kunden mit ähnlichen Eigenschaften mögen
  • Angebot von Produkten, die zum Beruf, zum Geschlecht, zum Alter des Kunden passen

Um ohne gewaltigen manuellen Aufwand personalisiertes Marketing mit solchen Angeboten betreiben zu können, geht es nicht ohne PIM-System.
Es können alle Informationen, die von Ihnen hinterlegt wurden. Schauen Sie sich die Segmente an, verändern oder ergänzen Sie diese, um sich auszumalen, welche Möglichkeiten Ihnen offenstehen.

Und: Durch die permanente Aktualität der Produktdaten im PIM-System ist eine Automatisierung des 1:1 Marketings nicht weit… Doch dazu später mehr!

Fazit

An PIM kommt mittelfristig kein Händler vorbei. Einige Händler nutzen bereits Systeme, zum Teil Module ihrer ERP-Software (auch Online-Shop-Systeme bieten PIM-Module an), der Großteil jedoch nutzt „Hilfssysteme“ wie Excel.

Ich habe Ihnen gezeigt, worum es sich bei „Product Information Management“ handelt und Sie konnten lesen, warum es notwendig ist, sich als Händler mit dem Thema jetzt zu beschäftigen.

Sie wissen nun, welche Art an Information im PIM-System hinterlegt und gepflegt wird und welchen konkreten Nutzen Unternehmen aus dem Einsatz von PIM-Systemen ziehen.

Im kommenden Artikel erkläre ich Ihnen auf eine ähnliche Weise das Thema „Customer Relationship Management“ (CRM) und was es mit dem CRM-System auf sich hat.

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