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Sebastian Eisenbürger

29 Okt, 2015
Schlechte Öffnungsrate im E-Mail-Marketing? Was wirklich zählt, ist etwas anderes…

Die Öffnungsrate wird im E-Mail-Marketing oft herangezogen, um den persönlichen Erfolg von Marketern zu vergleichen. Dort heißt es gern

Mein Haus, mein Boot, meine Öffnungsrate, meine E-Mail-Liste, …

Schlechte Öffnungsraten werden entsprechend schnell als persönliche Misserfolge gewertet. Schließlich existieren diverse Studien mit Durchschnittswerten, die einfach als Benchmark verwendet werden können.

Ich behaupte, dass die Öffnungsrate sich überhaupt nicht dazu eignet, um den Erfolg im E-Mail-Marketing zu messen und zu vergleichen!

Die Öffnungsrate im E-Mail-Marketing

Unter der Öffnungsrate im E-Mail-Marketing versteht man das Verhältnis der geöffneten E-Mails zur Gesamtzahl der versendeten E-Mails.

Theoretisch.

In Wirklichkeit misst die Öffnungsrate die „eindeutigen Öffnungen“. Dazu werden in aller Regel drei Kriterien ausgewertet:

1. Der Download eines „Tracking-Pixels“

Darunter verbirgt sich eine nicht sichtbare Bilddatei, die beim Öffnen gemeinsam mit den sichtbaren Bildern aufgerufen wird.

Problem dabei: Viele, vielleicht sogar die meisten E-Mail-Clients wie Outlook und Thunderbird laden Bilder und andere Dateien erst nach Bestätigung des Empfängers herunter, während Texte und alle Elemente, die in der E-Mail enthalten sind, sofort zu sehen sind.

Tatsächlich gemessen wird mit dem „Tracking-Pixel“ somit die Häufigkeit der heruntergeladenen „Tracking“-Bilddatei.

Interessant ist die Entwicklung bei Googlemail:
Um die Messbarkeit im E-Mail-Marketing zu gewährleisten, lädt Google in E-Mails enthaltene Bilder grundsätzlich herunter, zeigt sie aber aus Gründen der Datensicherheit dem Empfänger erst auf Anforderung an.

Die Öffnungsrate bei Empfängeradressen mit @googlemail.com, bzw. @gmail.com ist demnach sehr zuverlässig.

Verwendet man allerdings Geotracking in der Webanalyse erhält man entsprechend Zugriffe aus den USA, dem Standort der Google-Server, die Bilder aus E-Mails herunterladen.

2. Ausgeführte Klicks in der E-Mail

Klickt ein Empfänger auf einen Link in der E-Mail, muss er dazu die E-Mail geöffnet haben.

Schwierigkeit hierbei: Die eingesetzte Software muss in der Lage sein, die beiden Messmethoden „Tracking-Pixel“ und „Ausgeführte Klicks“ zu trennen. Ist sie dazu nicht in der Lage, kann das zu Mehrfachmessungen derselben Öffnungen führen.

3. E-Mail-Antwort

Antwortet der Empfänger auf die E-Mail, hat ebenfalls eine Öffnung stattgefunden haben.

Die Krux hier: Im E-Mail-Marketing ist es üblich sogenannte „DoNotReply“-Adressen als E-Mail-Absender zu verwenden. Die Antwort würde in solchen Fällen weder ihr Ziel erreichen, noch würde die Interaktion des Empfängers als Öffnung gezählt werden können.

Im Artikel „„Antworten Sie nicht!“ – Die kuriose Geschichte über die „DoNotReply“-Aufforderung im E-Mail-Marketing“ habe ich mich ausführlich mit der Unart auseinandergesetzt, Empfängern zu verbieten auf E-Mails zu antworten.

Zusammengefasst lässt sich sagen, dass die tatsächliche Öffnungsrate also höher liegt als die messbare.

Schlechte E-Mail-Öffnungsraten

Viele E-Mail-Marketer verlassen sich bei der Bewertung ihrer E-Mail-Öffnungsraten gerne auf als „allgemeingültig“ geltende Werte.

Pauschal schlecht?

Selbst seriöse Anbieter von Software für E-Mail-Marketing-Software veröffentlichen solche Werte. Inxmail schreibt:

Seriöse Online Marketer möchten relevante Nachrichten schreiben, die gerne gelesen werden. Aus Erfahrungswerten können wir sagen, dass die gemessene Öffnungsrate bei HTML Mailings sich über der 20 Prozentmarke bewegen sollte.
Quelle: http://blog.inxmail.de/die-richtige-interpretation-der-oeffnungsrate/

Newsletter2Go veröffentlicht dieses Statement:

Nach unseren Erfahrungswerten ist eine Öffnungsrate zwischen 20% und 25% durchschnittlich und ab 25% als gut zu beurteilen.
Quelle: https://www.newsletter2go.de/blog/kpi-definition-email-marketing/

Diese beiden Anbieter sind zufällig ausgewählt und ich möchte mit den Zitaten keinesfalls deren Leistung und Qualität negativ darstellen.

Tatsächlich ist es so, dass länder- und branchenübergreifend eine durchschnittliche Öffnungsrate von 30,5% erreicht wird. (Quelle: Epsilon)

Diese Angabe hat nur überhaupt keine Bedeutung. Denn wer von uns betreibt ein durchschnittliches Unternehmen, betreibt durchschnittliches E-Mail-Marketing und hat durchschnittliche Kunden?

Niemand.

Aus diesem Grund halte ich von derart pauschalisierten Angaben gar nichts.

Branchenabhängig schlecht?

Neben den branchenübergreifenden Durchschnittswerten existieren auch spezifische Angaben für viele Branchen. Die Epsilon-Studie bietet diese Zahlen im quartalsweisen Bericht: http://engage.epsilon.com/emailtrendsQ215

Auch Newsletter2Go stellt einen Artikel mit branchenabhängigen Öffnungsraten zur Verfügung (entgegen des weiter oben zitierten Statements): https://www.newsletter2go.de/blog/durchschnittliche-oeffnungsraten-klickraten-2015-email-marketing/

In diesem Blog wird demnächst ein umfangreicher Artikel zum Thema „E-Mail-Marketing Benchmark“ folgen. Einfach zum Newsletter anmelden, um über neue Artikel informiert zu werden.

Was ist nun „schlecht“ bei Öffnungsraten?

Nichts. Außer der Verwendung von Öffnungsraten als Messgröße im E-Mail-Marketing.

Ich kann ich nicht dazu raten, die Öffnungsrate als ernsthafte Messgröße zur Beurteilung von E-Mailings zu verwenden.

Denn worum geht es letztendlich? Es geht um die Qualität von E-Mailings. Und die Qualität lässt sich auf vielerlei Wegen „messen“…

KPIs im E-Mail-Marketing

Klassische „Key Performance Indicators“ sind im E-Mail-Marketing die Öffnungsrate, die Klickrate und die Konversionsrate.

Anhand dieser drei Werte beurteilen die meisten Marketer den Erfolg von E-Mail-Marketing-Kampagnen.

Dabei gilt, je höher die Raten, desto besser.

Über die Qualität des E-Mailings sagen die Zahlen nichts aus.

Die Qualität eines E-Mailings lässt sich nicht über Öffnungen, Klicks oder Konversionen ausdrücken.

Zur Qualitätsmessung stehen zwei Methoden zur Verfügung, eine explizite und eine implizite:

1. Explizite Qualitätsmessung im E-Mail-Marketing

Eine explizite Aussage über die Qualität eines E-Mailings kann nur der Empfänger selbst treffen.

Stellen Sie daher die konkrete Frage, ob die E-Mail den Geschmack des Empfängers getroffen hat oder nicht.

Diese Frage ist technisch sehr leicht umsetzbar, ergänzen Sie lediglich diese Zeile in Ihren E-Mails:

Hat es sich für Sie gelohnt, diese E-Mail zu lesen? Ja? Nein?

„Ja“ und „Nein“ versehen Sie jeweils mit einem Link, der entweder einen Eintrag in Ihrer Kundendatenbank erzeugt oder den Sie über Ihre Analyse-Software tracken können.

2. Implizite Qualitätsmessung im E-Mail-Marketing

Implizite Aussagen lassen sich über das Verhalten der E-Mail-Empfänger ermitteln.

Untersuchen Sie beispielsweise das prozentuale Verhältnis zwischen Öffnern und Klickern. Ist dieses Verhältnis hoch, fällt auch die Relevanz des E-Mailings für Ihre Empfänger hoch aus. Ist das Verhältnis eher niedrig, gilt dasselbe für die Relevanz.

Vergleichen Sie die Öffnungsraten von E-Mailings, um ein Indiz für die Qualität Ihres Betreffs zu ermitteln. Bedenken Sie dabei, dass möglichst viele Faktoren des E-Mailings, wie Versandzeitpunkt (Wochentag, Uhrzeit), Empfängerkreis und Thema identisch sein sollten.

Noch besser: Machen Sie parallele A/B-Tests mit kleineren Gruppen, um den optimalen Betreff für Ihr E-Mailing zu ermitteln.

Auch das Verhältnis der Klicks (Klicks entsprechen den Sitzungen auf Ihrer Webseite) zu den Konversionen lässt Aussagen über die Qualität Ihres E-Mailings zu. Ist das Verhältnis eher schlecht, ist die Kommunikation im Inhalt Ihrer E-Mail nicht gut gelungen. Möglicherweise haben Sie dem Empfänger mehr versprochen, als Sie gehalten haben.

Neben den klassischen KPIs existiert noch eine Messgröße, die 99% der Marketer bisher nicht berücksichtigen. Und das, obwohl sie schon heute die Kennzahl mit dem größten Potenzial darstellt: Der Streuverlust.

Streuverlust senken statt Öffnungsrate erhöhen

Der Streuverlust sagt aus, wie viele Empfänger Ihre E-Mail erhalten haben, ohne damit zu interagieren.

Das bedeutet, im Streuverlust sind

  1. genervte Empfänger,
  2. Empfänger mit (über)vollem Postfach,
  3. Empfänger mit falschen oder veralteten Daten

enthalten.

Die Herausforderung im E-Mail-Marketing ist heutzutage, diese drei Gruppen möglichst sauber voneinander zu trennen.

Empfänger mit falschen oder veralteten Daten

Gruppe 3 mit fehlerhaften Daten lässt sich technisch einfach ermitteln – die Mailserver dieser Empfängergruppe melden sich bei Ihnen mit sogenannten „Soft Bounces“ und „Hard Bounces“. Diese beiden Begriffe müssen Sie nicht im Detail verstehen. Während „Hard Bounces“ tatsächlich Fehler melden (z.B. falsche E-Mail-Adresse), sagen „Soft Bounces“ aus, dass die E-Mail temporär nicht zugestellt werden konnte (z.B. volles E-Mail-Postfach).

In jedem Fall wurden E-Mails an diese Gruppe nicht zugestellt. E-Mail-Adressen mit Hard Bounces können Sie löschen, E-Mail-Adressen mit Soft Bounces eignen sich für einen zweiten Versand („Follow Up“) einige Tage später.

Empfänger mit (über)vollem Postfach und genervte Empfänger

Die Trennung von Empfängern der Gruppen 1 und 2 ist da schon schwieriger. Hier hilft nur die längerfristige Auswertung über mehrere Tage oder Wochen pro Mailing und das über 2 bis 3 oder noch mehr Mailings hinweg.

Sie kennen es selbst – Sie sind im Urlaub oder krank und sind nicht erreichbar. Nach Ihrer Rückkehr, bzw. Genesung wartet ein übervolles E-Mail-Postfach auf Sie, das Sie nun abarbeiten. Relevante E-Mails werden gelesen, weniger relevante überflogen, irrelevante ignoriert oder gelöscht.
Ihre Kunden verhalten sich genauso. Reagiert Ihr E-Mail-Empfänger wiederholt (also über mehrere Mailings über mehrere Monate hinweg) nicht, sollten Sie ihm ein letztes E-Mailing zusenden. Der Betreff dieses Mailings könnte lauten „Meine letzte E-Mail an Sie, Frau XYZ“ oder „Möchten Sie weitere E-Mails von mir erhalten, Frau XYZ?“. Ob Sie Ihre Empfänger dabei duzen oder siezen, spielt keine Rolle.

Erfolgt auf diese finale E-Mail keine Reaktion, nehmen Sie die E-Mail-Adresse aus dem Verteiler.

Was geschieht nun?

Die Gesamtmenge Ihrer Empfängergruppe wird kleiner. (Im Optimalfall bauen Sie parallel neue Adressen auf.) Allerdings fallen lediglich die Empfänger und E-Mail-Adressen aus Ihrer Liste, denen Sie keinen Mehrwert bieten und die Ihnen ebenso nicht nutzen.

Und was folgt daraus?

Öffnungsrate, Klickrate und Konversionsrate steigen an. Schließlich wird deren Bezugsgröße, nämlich die Gesamtanzahl der Empfänger, kleiner.

Relevanz siegt!

Denken Sie in Ruhe nochmal über die letzten Absätze nach. Ich weiß, das Vorgehen, Empfänger und ihre E-Mail-Adressen zu löschen, ist nicht gerade klassisches Marketing.

Am Ende treffen Sie damit jedoch immer ins Schwarze: Ihre Empfängergruppe beschränkt sich letztendlich auf eine Gruppe hochinteressierter Personen, die sich gerne mit Ihren Inhalten auseinandersetzen. Sie schaffen Nutzen und erhalten Raum, sich noch intensiver mit Ihrer Empfängergruppe zu beschäftigen.

Auch wenn Sie die „Delete“-Taste im letzten Schritt noch nicht drücken möchten – werten Sie aus, wie viele und welche Empfänger zur Gruppe 1 gehören. Berechnen Sie Ihre bisherigen KPIs aufgrund der veränderten Basis neu.

Nun können Sie entscheiden, ob es sich für Sie lohnt, auf Empfänger zu verzichten, denen Sie keinen Nutzen bringen und die sich für Sie und Ihre Angebote nicht (mehr) interessieren und auf welcher Kundendaten-Basis Sie zukünftig E-Mail-Marketing betreiben möchten.

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